Königin der Skitouren | Walliser Haute Route | von Chamonix nach Zermatt

Sie zählt zu den anspruchvollsten Touren der Alpen, führt von Chamonix nach Zermatt. 2018 starben auf der Haute Route sieben Alpinisten in einem Schneesturm, drei Skitourengänger der gleichen Gruppe über- lebten. Fünf Jahre nach dem Bergdrama begibt sich der Fotograf Joni Hedinger mit einer Gruppe und zwei Bergführern auf die legendäre Tour.

Erlebe selbst die Walliser Haute Route mit uns!

Walliser Haute Route

Text: Frédéric Bourgeois
Fotografie: Joni Hedinger

BIANCO SOMMER 2023

 

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Nein, den «DOK»-Film «Todesfalle le Haute Route – Rekonstruktion eines Dramas», der im Schweizer Fernsehen am 27. April dieses Jahres ausgestrahlt worden ist, hat der Fotograf und Abenteurer Joni Hedinger nicht gesehen. Aber seine Frau Aurelia, daheim.

Joni Hedinger ist im April unterwegs in den Alpen, sieben Tage, oft ohne Handy-Empfang. Mit Skis und Fellen auf einer legendären Hochtour. Zwischen Mont Blanc und Matterhorn, zwischen Chamonix und Zermatt – der Haute Route, Königin der Skitouren.

Nur kurz wird jenes Bergdrama im April vor fünf Jahren ein Thema, bei dem sieben Alpinisten auf der Haute Route starben. Erfroren vor Erschöpfung in Schnee und Eis, nur 550 Meter von der rettenden Hütte entfernt, der Cabane des Vignettes.

Am fünften Tag, als es nach dem Glacier d’Otemma zum Col de Charmotane hochgeht und ein weiterer kurzer Aufstieg bis zum anvisierten Etappenziel zu bewältigen ist – zu eben dieser Hütte: der Cabane des Vignettes auf 3157 Metern.

Die Haute Route ist für Joni Hedinger ein fantastisches visuelles Erlebnis. Er liebt diese Weiten, diese Abgeschiedenheit inmitten der höchsten Berge der Alpen. Unterwegs von einer Hütte zum nächsten Biwak und frühmorgens wieder weiter. Dazwischen bissige Aufstiege und extrem steile Abfahrten.

Etwas Schiss hat Joni Hedinger manchmal schon. In den pickelharten Abfahrten, bei denen man keinesfalls stürzen, nicht ausrutschen darf. Da sei er manchmal an seine Grenzen gelangt. Was nichts mit seiner Fitness zu tun habe, die sei gut.

Joni Hedinger hat erst spät mit dem Skifahren begonnen, im Alter von 16 Jahren. Nach den sieben abenteuerlichen Tagen von Chamonix nach Zermatt ist er überzeugt, dass niemand die Haute Route auf sich nimmt wegen der Abfahrten mit den Skis.

Joni Hedinger ist auf der Haute Route Teil einer Gruppe von Skitourengängern, zu der neben ihm drei Frauen und sechs Männer gehören, angeführt von zwei Schweizer Bergführern, dem erfahrenen Florian Bosshard und dem Aspiranten Simon König.

Nach Chamonix angereist ist man mit dem Zug, zurück in der Zivilisation in Zermatt, verabschiedet man sich bei einer Pizza und lässt nochmals die Highlights Revue passieren. Die eindrückliche Gletscherhöhle, die fast meditative, acht Kilometer lange Erfahrung auf einem Gletscher bei dichtem Nebel. Den strengsten, dritten Tag und den abendlichen Stolz, ihn geschafft zu haben.

Der Run auf die Haute Route – als beste Zeit gelten März und April – hält sich einigermassen in Grenzen. Auf andere Seilschaften und Gruppen, die aus Tschechien, Polen und Österreich kommen, stösst man vor allem an engen Stellen der Route, die passiert werden müssen. Selbstverständlich sind die Hütten alle rappelvoll.

Deshalb weicht die Gruppe mit Joni Hedinger bereits am zweiten Tag auf ein nicht bewirtetes Biwak aus, das Bergführer Florian Bosshard kennt. Das bedeutet aber: steiler Aufstieg, Skis aufbinden, Steigeisen montieren, langsames Abseilen mit den Skis über ein steiles Couloir. Im Biwak ist und isst man für sich.

Das Essen, mitgetragen von der ersten Hütte, wird dank den Kochkünsten eines Tour-Teilnehmers zu einem kleinen Fest. Kein fliessendes Wasser bedeutet: Schneeschmelzen in Töpfen über dem Feuer. Anderntags geht es frühmorgens im Dunkeln weiter, mit aufgesetzten Stirnlampen über einen Gletscher.

Die Cabane de Chanrion ist für Joni Hedinger eine der schönsten Berghütten auf der Haute Route. Vor kurzem erst frisch renoviert und vergrössert, bemerkt man im gemütlichen Hauptraum rasch, dass hier auf Details geachtet, viel Wert gelegt wird. Hübsch ist etwa das marmorierte Emaille-Geschirr.

Der gepackte Rucksack für die Haute Route sollte normalerweise ein Gewicht von 8 bis 10 Kilo haben. Jener von Joni Hedinger wiegt etwas über 20 Kilo, weil neben warmer, wetterfester Kleidung, Eispickel, Helm, Steigeisen, Harscheisen, Klettergurt, Lawinen- Suchgerät, Schaufel, Sonde usw. auch noch Kameras und drei Objektive und eine Drohne mit Fernbedienung hinzu- kommen.

Die 110 Kilometer mit über 8000 Höhenmetern schaffen nicht alle 10 Teilnehmer der Gruppe, 3 steigen früher aus. Einer wegen etlicher Blasen an den Füssen sowie ein erschöpftes Pärchen. Irgendwann ist genug, was gut zu verstehen ist.

Die lange Leiter hoch zur Bertolhütte ist auch nicht jedermanns Sache. Joni Hedinger schätzt sie auf über 50 Meter. Schwindelfrei muss man auf der Haute Route selbstverständlich sein, auch wenn es keine sehr krassen Kletterpartien gibt. Aber zwischendurch muss man immer mal wieder in Skischuhen und mit aufgebundenen Skis über steile Schneeflanken hochkraxeln.

Glück hat die Gruppe mit ziemlich stabilem Wetter. Natürlich ist sie einmal von morgendlichem Neuschnee überrascht worden, aber richtig miserabel ist es nur einmal, am letzten Tag. Bei lausiger Sicht geht es nach der Tête Blanche, alle sind jetzt aneinander geseilt, über den zerklüfteten Stockji-Gletscher mit seinen verdeckten Spalten langsam hinunter, im Stemmbogen, Richtung Zermatt.

Schaue Tag für Tag wie die Walliser Haute Route von Chamonix nach Zermatt letztes Jahr verlief:

Impressionen der Walliser Haute Route von Chamonix nach Zermatt mit uns:

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